Das am 8. Mai 1945 in Kraft getretene Verbotsgesetz wurde in mehreren Etappen novelliert, da es bei der praktischen Durchführung zu Problemen kam. So konnten beispielsweise mutmaßliche Nationalsozialisten durch Aussagen von Opfern oder ehemaligen Gegnern in Form von sogenannten „Persilscheinen“ entlastet werden und erhielten in weiterer Folge einen positiven Leumund; möglich wurden diese Schlupflöcher durch die im Gesetz vorgesehenen Ausnahmebestimmungen. Zudem übten aber auch die Alliierten auf die Provisorische Regierung Druck aus, die Entnazifizierung gesamtösterreichisch durchzuführen, damit die unterschiedlichen Handhabungen eingedämmt werden konnten. (1)

„Im Zuge von Parteienverhandlungen in den darauffolgenden Monaten wurde die Grundlage für ein vom Nationalrat zu erlassendes ‚Gesetz zur Entnazifizierung‘ erarbeitet, das eine einheitliche und dauernd Lösung des ‚Nationalsozialistenproblems‘ bringen sollte. Diese Drei-Parteien-Vereinbarung über die ‚abschließende Bereinigung des Nationalsozialistenproblems‘ wurde am 30. März 1946 als ‚Grundsätze der Entnazifizierung aufgrund der Parteienverhandlung zwischen ÖVP, SPÖ und KPÖ‘ veröffentlicht und der Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes über die ‚Behandlung von Nationalsozialisten‘ vorbereitet.“ (2)

Der Gesetzesentwurf wurde schließlich vom Ministerrat gebilligt und fand auch im Nationalrat seine Zustimmung. Der Alliierte Rat erteilte ebenso seine Genehmigung, verknüpfte diese jedoch mit der Bedingung, dass weitere Änderungen bzw. Ergänzungen vorgenommen wurden. Erst nachdem die Abänderungen erfolgt waren und nach zum Teil heftigen Debatten und Wortgefechten im Parlament wurde am 5. Februar 1947 einstimmig die Vorlage zum Gesetzesbeschluss erhoben und am 17. Februar in Kraft gesetzt. (3)

Wesentlich waren in diesem Zusammenhang die Novellierungen des Verbots- und Kriegsverbrechergesetzes: Die bemerkenswerteste Änderung gegenüber dem Verbotsgesetz in seiner ursprünglichen Form betraf die Abgrenzung des nationalsozialistischen Personenkreises. Waren bislang eher formale Gesichtspunkte ausschlaggebend (beispielsweise das Datum des Eintrittes in die Partei), so wurde nun das Ausmaß der Aktivität in der Nationalsozialisten Deutschen Arbeiterpartei in den Vordergrund gestellt.

„So wurde einerseits der als registrierungspflichtig geltende Personenkreis erweitert durch Angehörige des NS-Soldatenringes und des NS-Offiziersbundes, Funktionäre einer Gliederung, Organisation oder einem sonstigen angeschlossenen Verband von dem einem Ortsgruppenleiter der NSDAP entsprechenden Rang aufwärts, Angehörige der Gestapo oder des SD, VerfasserInnen von Druckschriften aller Art und Filmdrehbüchern, sofern sie von einer Kommission des Unterrichtsministeriums für verboten erklärt wurden, sowie ‚Kollaboranten‘ […], die in irgendeiner Weise das NS-Regime unterstützt hatten. Andererseits wurde innerhalb der Wehrverbände NSKK und NSFK der Kreis der Registrierungspflichtigen eingeschränkt. Der Personenkreis der nun mehr von der Verzeichnung befreit war wurde erheblich erweitert […].“ (4)

Die registrierungspflichtigen Nationalsozialisten wurden von nun an in zwei Gruppen eingeteilt, nämlich in Kriegsverbrecher (sowie bedingt Illegale) und sühnepflichtige Personen („Belastete“ und „Minderbelastete“). Dadurch konnte zwischen Strafe und Sühne unterschieden werden. Gleichzeitig erhielten die als „minderbelastet“ eingestuften ehemaligen Nationalsozialisten ihr aktives Wahlrecht wieder. Vom passiven Wahlrecht blieben sie bis zum 30. April 1950 ausgeschlossen.

Allerdings konnte bereits zu diesem Zeitpunkt eine immer stärker nachlassende Bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher festgestellt werden, die Entnazifizierung nach strengen Maßstäben durchzuführen. “Das Gesetz war daher letztlich nicht so streng, wie es auf dem Papier stand”, meinte dazu Dieter Stiefel (5).

 

Quellen:

(1) Vgl. Stiefel, Dieter (1981). Entnazifizierung in Österreich, Wien, Europa Verlag, S. 98, 116, 119.

(2) Nachkriegsjustiz.at: Das Nationalsozialistengesetz 1947, abrufbar unter www.nachkriegsjustiz.at/service/gesetze/nsg1947.php.

(3) Vgl. Stiefel, Dieter (1981). Entnazifizierung in Österreich, Wien, Europa Verlag, S. 35.

(4) Nachkriegsjustiz.at: Das Nationalsozialistengesetz 1947, abrufbar unter www.nachkriegsjustiz.at/service/gesetze/nsg1947.php.

(5) Vgl. Stiefel, Dieter (1981). Entnazifizierung in Österreich, Wien, Europa Verlag, S. 115.